Psychologie, Selbsthilfe und Persönlichkeitsentwicklung


Der Weg zu Dir selbst – echten Kontakt fühlen __Teil 3

Teil 1 und 2 zeigten die Voraussetzungen, wie ein innerlich spürbares „Ich will“ und „ich kann!“ entstehen kann – und in Teil 3 geht es nun darum, welche Bausteine dem Empfangen und der inneren Spiegelung von Emotionen (Empathie und dem Erleben von Kontakt) noch im Weg stehen und wie wir diese Blockaden wegräumen können.

>>> falls Du sie noch nicht gelesen hast, hier der Direktlinkzu   >Teil 1<   und   >Teil 2<   der Beitragsserie <<<

Wir wenden uns in diesem Beitrag nun dem wichtigen Punkt der Empathie zu. Und entgegen der allgemeinen Meinung, beginnt Empathie nicht damit, die eigenen Fähigkeiten zu verbessern und stur einzuüben oder Mimik und Gestik wie eine Fremdsprache auswendig zu lernen.

Es gibt einen ganz anderen und viel tieferen und intuitiven Zugang dazu, der dir letztlich auch das bringt, was Du wünschst: nämlich nicht nur eine reine Verbesserung des äußeren Funktionierens in der Gesellschaft, sondern eine echte innerliche Wahrnehmung der Emotionen und des anderen Menschen als Ganzes.

Und wie wir im letzten Teil der Beitragsserie gesehen haben, ist es gerade dieser emotionale Zugang, der uns wahren Kontakt überhaupt erst ermöglicht und der zu mehr Nähe und Genährtsein auf seelischer Ebene führt. Zu uns selbst und zu anderen Menschen.

Inhalt:

  1. Disclaimer vorab
  2. Emotionsspiegelung
    1. Emotionsspiegelung als notwendiger Schritt zur echten intuitiven Empathie
  3. Auch Menschen mit Autismus sind zur Emotionsspiegelung fähig
  4. Neurobiologische Grundlagen – warum Emotionen oft nicht gespiegelt werden können
    1. Seelischer Schmerz trennt uns auch von unserem Körper!
    2. Auch Traumata führen zu Dissoziation und Trennung vom eigenen Körper
    3. Autismus und Traumatisierungen
    4. Wenn auch in Therapie die Ratio vorherrscht…
  5. Checkliste
    1. Weitere mögliche Blockaden
  6. Auch Emotionserkennung basiert auf Fühlen
  7. Emotionsspiegelung auch als Basis für kognitive Empathie/ Theory of Mind!
    1. Wann die Wahrheit korrumpiert wird
  8. Konkrete Übungen: Wie komme ich mir mit selbst in Kontakt?
    1. ACHTUNG:
    2. „Ich Bemerke“ – Übung
    3. Schwerkraft-Übung
  9. Dein Feedback
  10. Quellen

Disclaimer vorab

Ein kurzer Disclaimer für alle, die gerade eifrig dabei sind, Skills im Erkennen und Dechiffrieren von nonverbalen Signalen zu üben oder mittels Bildkarten, Nachahmungs-Übungen, Filmsequenzen, Gesichtsmemory usw. ihre Mimik- und Emotions-Erkennung zu trainieren. Selbstverständlich KANN solch ein Training für manche Betroffene sinnvoll sein, gerade wenn es zunächst einmal darum geht, im Alltag etwas Stress zu reduzieren und z.B. nicht mehr ganz so „unangepasst und komisch“ in den Augen manch anderer zu wirken, dadurch die anstrengenden Momente abschätziger Blicke oder Unverständnis zu reduzieren oder vielleicht sogar erfolgreicher einen Job zu bekommen und ein besseres Funktionsniveau aufzubauen.

Ich habe nicht grundsätzlich etwas gegen solche Trainings. Wem sie gut tun und dienlich sind, der mache sie bitte auf jeden Fall weiter!

In dieser Beitragsreihe geht es jedoch um den inneren Aspekt und den entsprechenden inneren Zugang zu dem Thema Mimik, Gestik und Empathie – und dies kann gerade dann hilfreich sein, wenn Du bohrende Einsamkeit spürst und dich wie „in einer Glaskugel“ zu befinden scheinst. Denn auch bei einem (äußerlich und in den „sozialen Skills“) perfekt eingeübten Gespräch mit einem anderen Menschen bleibt bei vielen Betroffenen dennoch im Inneren letztlich unangerührt die Einsamkeit bestehen…

Denn mit einem „nachträglichen Erlernen“ der Gestik und Mimik-Kommunikation auf der „ÄUßEREN EBENE“ (Training der Emotionserkennung usw.) bleiben wir selbst wenn wir es bis zur Perfektion treiben, immer ein Stück hinter der live ablaufenden Realität, deren feine Nuancen, Mikromimik und deren individuell unterschiedliche Ausprägungen von Emotionen in den Gesichtsausdrücken verschiedener Menschen wir mit dem besten Training nicht zur Gänze einüben können.

Weil wir sie mit dem Bewusstsein teils kaum bis gar nicht wahrnehmen, geschweige denn „nachahmen“ und aussenden können (Thema Mikromimik… ein minimales Zucken eines Muskels noch unterhalb der Schwelle, die einen Emotionsausdruck/ ein flüchtiges Lächeln oder Blinzeln erzeugen würde, das manchmal in Bruchteilen von Sekunden über ein Gesicht huscht und von jetzt auf gleich wechseln kann…) oder weil wir trotz der besten Intelligenz in unserem Bewusstsein irgendwann an die Grenze unseres neuronalen „Arbeitsspeichers“ kommen, sodass wir dann vielleicht zwar sehr gekonnt Mimik dechiffrieren können, aber dabei kaum mehr dem anderen im Gespräch inhaltlich wirklich folgen können…

Und dann wären da noch die Unterschiede eines nur gespielten Lächelns oder eines echten Lächelns… oder einer inneren Verärgerung, die hinter einer neutralen Fassade verborgen wird… etc.

Und neben all dem kommt ja auch noch das Training der EIGENEN Gesichtsmuskeln dazu, die ebenfalls in der sozialen Interaktion bewusst angesteuert werden müssen – wenn man Wert darauf legt, weder offensichtlich, noch subtil oder ganz im Unterbewusstsein der anderen „komisch“, „überzogen“, „unsympathisch“, „unehrlich“, „unglaubhaft“ oder „abweisend“ oder wie auch immer negativ anzukommen; denn das Unterbewusstsein der Gesprächspartner checkt IMMER in jedem Moment auch all die Mikromimik und jede kleinste Regung und ordnet es alles in rasender Geschwindigkeit im Hintergrund ein…, selbst wenn der Mensch bewusst davon gar nichts mitbekommt und er bewusst nicht darauf achtet. Es kann unbewusste Folgen haben. Und seien sie nur, dass man von einem potenziellen Freund oder Freundin als wirklich nett und freundlich und sympathisch bewertet wird UND DENNOCH der andere sich lieber mit anderen Menschen verabredet zum Treffen; und er gar nicht genau sagen könnte, warum.

Wenn unser Ausdruck nicht alle entsprechenden mikromimischen Elemente enthält, geht das auch an einem ansonsten recht unbewussten und ignoranten Gegenüber nicht unbemerkt vorbei. Ich gehe soweit zu sagen, dass JEDER Mensch es merkt, wenn ein Emotionsausdruck nicht „echt“ (also „nicht „normal“ wie bei anderen Menschen, bei denen das alles ganz automatisch geht) ist, wenn er nicht ganz „passt“ in dem Moment. Natürlich übergehen manche Menschen diesen Eindruck, oder es sind unsere Freunde, die auch von unseren Schwierigkeiten in der Gestik und Mimik wissen und die ganz wohlwollend darüber hinweg sehen, weil sie uns mögen – und die auf andere Qualitäten fokussieren und sich nicht durch unsere Mimik verunsichern lassen.

Aber auch wenn ein Mensch kaum hinschaut oder er es u.U. deshalb nicht bemerkt, weil er auch selbst nicht mit seinem eigenen Körper verbunden ist und daher auch seine EIGENEN Reaktionen auf sein Gegenüber nicht wahrnimmt – so wird sein Körper-Psyche-System unbewusst trotzdem darauf reagieren, dass da etwas „anders“ ist… Weil es vielleicht einen Bruch gibt oder eine Inkongruenz zwischen all den nonverbalen und verbalen Informationen, die wir aussenden. Wieder: bewusst oder unbewusst, beiläufig oder gezielt geübt.

ABER: Bitte don’t panic!  

Ich will hier niemanden verunsichern oder ihm den Mut nehmen, überhaupt all die wundervollen Fähigkeiten von Gestik und Mimik-Erkennung konkret und bewusst zu üben, wenn er hier noch grundlegenden Bedarf bei sich bemerkt. – Ein ETWAS ist immer besser als GAR NICHTS. Und es gibt auch sehr viele wohlwollende Menschen, die einen nehmen wie man ist und einen unterstützen weiter zu wachsen.

Ich will hier nur erklären, weshalb ich es so wichtig finde, dass wir auf eine TIEFERE EBENE gehen und wir Wege finden, die Emotionserkennung und auch das Aussenden von Emotionen in verbalen und allen nonverbalen Informationsebenen URSÄCHLICH und automatisch über unser UNTERBEWUSSTSEIN abwickeln zu lernen. Dann entstehen keine Brüche, keine Inkongruenzen, keine „unecht“ wirkenden Grimassen, sondern völlig authentische Emotionsausdrücke (die auch nicht den Anspruch haben, immer ganz klar oder eindeutig sein zu müssen, denn die Natur ist sehr vielfältig und genauso subtil und leise wie laut und deutlich. Wichtig ist nur, dass es aus unserem INNEREN kommt und daher „echt“ ist, weil es nicht „gemacht“ werden muss.)

Und hierfür möchte ich Dir gern in diesem Beitrag eine Möglichkeit anbieten – die somit auch eine wunderbare ERGÄNZUNGzu dem sein kann, was Du dir mit den Mimik-Skills auf Symptomebene aneignest.

Es ist ein Weg, der fragt, WARUM man keine Emotionen bei anderen erkennen kann – und wie man die Grundprobleme dahinter lösen kann.

Schau es Dir gern mal unverbindlich an und prüfe, was für Dich daraus stimmig ist und was Du davon gut für Dich nutzen kannst.

Emotionsspiegelung

Die Emotionsspiegelung ist die Fähigkeit, die emotionale Befindlichkeit eines anderen Menschen in sich selbst zu „spiegeln“, das heißt, sie in sich selbst ganz automatisch und ohne darüber nachdenken zu müssen, auch zu spüren. Vielleicht deutlich weniger intensiv, aber ebenso eindeutig, als hätte man selbst diese Emotion (bzw. deren Grund und Ursache) gerade in sich.

Dafür haben manche Forscher bereits ein eigenständiges neuronales Netzwerk zu identifizieren geglaubt, die sogenannten „Spiegelneuronen“, doch auch dieses Konzept wurde nach einer Weile kritischer Prüfung wieder verworfen, da man sich in den Analysen und Deutungen der aktiven Hirnareale geirrt bzw. falsche Schlussfolgerungen gezogen hatte. (siehe u.a. spektrum.de Hirnforschung: Mythos Spiegelneurone1)

Aber ob neurobiologisch in einem funktionellen Kernspin-Tomographen nun erkennbar oder nicht – Fakt ist, dass Menschen in der Lage dazu sind, die Gefühle eines anderen Menschen in sich zu spiegeln – und es spielt uns sogar regelrecht in die Hände, wenn wir eben DOCH NICHT so genau wissen, dass Hirnbereich X für Aktivität X zuständig ist und Hirnbereich Y für Fähigkeit Y. Denn selbst MRT-Aufnahmen von anderen kognitiven Prozessen wie dem Erkennen von Gesichtern, können bei verschiedenen Menschen völlig unterschiedlich sein! Mal leuchtet es im Hirn-Abbild des MRT Scans rechts, mal links, mal auf beiden Seiten…2 solche Forschungen muten heutzutage oft eher wie erwachsene Spielerei mit neuer Technik an, denn außer um Hirntumore und Wirbelsäulenschäden einwandfrei erkennen und lokalisieren zu können, wissen wir, wenn wir ehrlich sind, auch durch die bildgebenden Verfahren von unseren eigentlichen menschlichen Gehirnleistungen nur sehr wenig.

Die gute Nachricht ist also: im Hirn ist sprichwörtlich nichts in Stein gemeißelt. Und auch wenn Bereich X bei einer Person unterentwickelt oder beschädigt ist, muss das nicht heißen, dass gleichzeitig auch Fähigkeit X nicht klappt oder überhaupt irgendwelche Probleme auftauchen.

So wie Menschen, die nur ein halbes Gehirn haben… und dieser Fakt bei der betreffenden Frau erst im Erwachsenenalter wiederentdeckt wurde, als mal zufällig ein CT-Scan von ihrem Kopf gemacht wurde, (als kleines Kind hatte bei ihr aufgrund einer Krebserkrankung mal die Hälfte des Gehirns entfernt werden müssen)… und diese Frau ist entgegen aller Lehrmeinung weder habseitig gelähmt, noch kann sie schlecht sehen oder hat überhaupt andere bemerkbare Defizite oder Entwicklungsprobleme! Im Gegenteil: sie hatte sogar zwei Fremdsprachen erlernt und führte ein ganz normales Leben.3

Warum erzähle ich das?

Um uns allen zu zeigen: Es geht! Es geht, egal wie das Hirn aussieht, egal welche Voraussetzungen uns mit auf den Weg gegeben wurden, egal wie unser Hirn gerade „verschaltet“ ist (denn dass unser Gehirn zeitlebens neuroplastisch – also veränderbar – ist, kommt ja endlich in der breiten Wissenschaft an5) – und es gibt immer Wege und Hilfen, um neue Erfahrungen zu machen, die das Gehirn durch die Bedeutsamkeit dieser Erfahrung, weil es uns „unter die Haut geht“ und weil es uns innerlich berührt, was wir da erleben dürfen – neu strukturieren können5 und dadurch neue Freiheitsgrade und Wohlbefinden im Leben gedeiht.

Emotionsspiegelung als notwendiger Schritt zur echten intuitiven Empathie

Die Emotionsspiegelung ist eine notwendige vorherige Stufe und Voraussetzung für eine „live“ und unbewusst/ automatisch ablaufende emotionale Empathie.

Und zugleich ist sie auch der notwendige Schritt hin zur Entwicklung einer kognitiven Empathie, wie wir sie im Bereich der Theory of Mind finden, wenn diese ebenfalls „live“/ genau in dem jeweiligen Moment und ohne große bewusste Verstandesanalyse der Situation ablaufen und im Sozialleben verfügbar sein soll. (denn natürlich können wir auch hinterher oder mit genügend Abstand als Beobachter der Situation uns fragen, was die Menschen dort wohl tun und warum usw… – aber dieses rationale drüber nachdenken und Analysieren ist hier nicht gemeint.)

Vorab nochmal eine ganz kurze Definition beider Empathie-Dimensionen, damit wir alle auf dem gleichen Stand sind:

kognitive Empathie: ich kann mich in einen anderen Menschen hineinversetzen und in mir selbst ein Abbild/ eine Idee entstehen lassen, was dessen Absichten, mögliche Gedanken, Vorwissen oder auch z.B. dessen Sichtweise auf eine Situation etc. sein könnte. Ich kann also nachempfinden, wie der andere Mensch die Dinge sieht und was in ihm gedanklich vorgehen könnte.
emotionale Empathie: ich kann die Gefühle, die ein anderer Mensch hat, in mir selbst auch empfinden – und zugleich weiß ich, dass dies nicht MEINE Gefühle sind, sondern es die Gefühle sind, welche der andere gerade erlebt, mit dem ich in Kontakt bin. Ich kann emotional Anteil nehmen an seiner Gefühlswelt.

Und für BEIDE Empathie-Dimensionen braucht es dieselbe Grundfähigkeit, die wirklich erkannt, verstanden und v.a. innerlich erlebbar gemacht werden muss!

Bei der emotionalen Empathie (auf die sich dieser Beitrag konzentriert), ist es die Fähigkeit der Emotionsspiegelung. Und dieser zugrunde liegt wiederum der Zugang zu den eigenen Emotionen und damit zum eigenen Körper – denn Gefühle drücken sich immer in Form von körperlichen Sensationen (= körperlichen Empfindungen) aus, wie z.B. ein Gefühl von Weite in der Brust, oder Enge irgendwo im Körper, angenehme Wärme, Kribbeln, ein zusammenziehendes Gefühl, ein Druck… usw. – und etliche Kombinationen und Varianten davon.

Ich kann nur etwas in mir „spiegeln“ (also: ebenfalls fühlen, was der andere fühlt), wenn ich überhaupt meine EIGENEN Empfindungen in mir ganz detailliert und fein wahrnehmen kann – und ich damit auch meine IN MIR empathisch gespiegelten Reaktionen auf das emotionale Erleben des anderen wahrnehmen kann.

Die Emotionsspiegelung zeigt dann in Dir zwar nicht „deine“ Empfindungen, aber der Kanal, über den Du auch die Emotionen des anderen Menschen empathisch wahrnehmen kannst, ist der selbe wie der, über den Du auch deine eigenen Emotionen wahrnimmst: Dein eigener Körper. Hier differenzieren zu lernen ist dann der nächste Schritt.

Daher geht es in diesem Beitrag um alles, was diesem Kontakt zu Dir selbst im Weg stehen kann – um den Zugang zunächst zu Dir selbst frei zu räumen – und damit ganz automatisch dann auch zu anderen Menschen …und letztlich zu allen lebendigen Wesen, zur Schönheit der Natur, zum gegenwärtigen Moment…

Du wirst merken, wie die „Glaskugel“ und Trennscheibe zwischen Dir und der Welt allmählich verschwindet. Nicht weil Du sie zerbrichst oder weg kickst oder durchboxt, sondern weil Du dich um ganz andere Dinge kümmerst, die den Zugang zu DIR SELBST öffnen – und dich das letztlich frei und lebendig macht.

Auch Menschen mit Autismus sind zur Emotionsspiegelung fähig

Weshalb ich davon überzeugt bin, dass Menschen mit Autismus sehr wohl Emotionen automatisch ausdrücken können, habe ich im vorherigen Teil dieser Beitragsserie bereits kurz angerissen. Dort ging es um Traurigkeit und Freude.

Und genau diese unbewusste Ebene der Emotionen, die sich dann völlig automatisch in unserem Gesicht und unserer kompletten Nonverbalität zeigt, ist in sich völlig stimmig und kohärent und darüber müssen wir überhaupt nicht nachdenken. Keiner denkt bei Traurigkeit gezielt: „Träne rechts im Augenwinkel erzeugen, Träne links erzeugen, Mund nach Anleitung muskulär passend formen, Atmung, ggf. Stimme und Körperhaltung anpassen… und TRAURIG SEIN!“

…Und jetzt stell Dir vor, diese automatisch unbewusst ablaufende Emotionssteuerung hättest Du bei ALLEN Emotionen, die es gibt! Wow! Wie entspannt wäre es, Mimik und Gestik zu zeigen! Das ist eines unserer Ziele! Ich sage nicht, dass dieses Ziel jeder Mensch gleich schnell erreichen kann, aber ich sage, dass JEDER MENSCH dies prinzipiell erlernen/ wieder entdecken/ erreichen kann. Absolut jeder, der nicht an einer extrem starken parallel auftretenden geistigen Behinderung leidet; doch solch ein Mensch wird wahrscheinlich ohnehin keine Ziele setzen, etwas derartiges erreichen zu wollen.

In diesem eh schon XXL-Beitrag geht es aber zunächst um die Empathie – und damit also mehr die Flussrichtung Emotion des ANDEREN zu DIR – (statt umgekehrt: die Emotionen von DIR aus zu senden im Kontakt zu anderen).

Ich möchte damit jedoch sagen:

Da SIND bereits automatische emotionale Reaktionen in Dir. Und wenn es „nur“ weinen und lachen ist, wenn Du etwas lustig findest oder dich etwas traurig macht im Außen oder innerlich.

Und zudem bestätigte mir auch die Praxis mit autistischen Kindern im Kindergarten, dass Menschen mit Autismus dazu prinzipiell in der Lage sind, die aktuell erlebten Emotionen eines anderen Menschen in sich selbst als emotionale Resonanz oder intuitiv ablaufende Resonanz in der unwillkürlichen Mimik zu spüren und zu erleben (und dieses innere Kontakt-Erleben ganz automatisch Ausdruck findet im ganzen Sein des Kindes, in seinem Gesicht, seinen Lauten, seinem Verhalten…).

Es müssen nur die Rahmenbedingungen stimmen – und vor allem die Art des Kontaktes, wie man auf das Kind zu geht und auf es eingeht und mit ihm IST. Die Komponente des (präsent-) SEINS und aufrichtiger Anteilnahme und Interesses spielt hier eine so wesentliche Rolle! (dazu aber in Teil 4 mehr, wenn es um die Möglichkeiten geht, wie ANGEHÖRIGE und Fachkräfte einen Menschen mit Autismus darin unterstützen können.)

Ein autistischer Mensch ist kein „emotionaler Eisklotz“, wie es durchaus noch immer in diversen Medien und Literatur „altertümlich“ dargestellt wird. Nur weil der betreffende Mensch nicht auf ALLE Emotionen eines anderen adäquat reagiert oder er wie in sich gekehrt wirkt und wie „auf einer Insel“ oder wenn ein Mensch bei Witzen kaum mitlacht oder er wenig oder gar nicht über Gefühle spricht, sondern lieber über Sachthemen – deshalb heißt das noch lange nicht, dass er keine Gefühle hätte und es heißt auch nicht, dass er nicht zu emotionaler Resonanz fähig wäre.

Ich erachte es sogar als gefährlich, wenn Menschen mit Autismus (gerade auch die an sich arbeitenden Betroffenen mit Asperger-Syndrom und generell hochfunktionalem Autismus, die Persönlichkeitsentwicklung betreiben wollen) von so etwas hören und es wie ein Fakt dargestellt wird, dass „Autisten keine Gefühle“ hätten oder nur ganz basale – oder aber dass Emotionsspiegelung etwas wäre, dass neurobiologisch bedingt ein Defizit (und damit ebenfalls „unveränderlich“) sei und man sich quasi damit abfinden müsse.

Denn es stimmt objektiv nicht. Vielleicht in der subjektiven Wahrnehmung oder Meinung eines einzelnen oder einer Wissenschaftler-Sparte; aber die Erkenntnis von heute ist ja bekanntlich nur so lange gültig, bis sie von etwas Neuem als Irrtum widerlegt wird.

Das, was tatsächlich dahinter steckt, weshalb diese Symptome, diese „Unfähigkeit“ sich so gestalten und sich so äußern, wie sie es tun, kann vielfältiges Anderes sein!

Und deshalb sollten wir uns im nächsten Kapitel einmal genau mit diesen Dingen beschäftigen. Denn all diese Hindernisse und Hemmungen und Blockaden und neurobiologischen „Schranken“, die da entstanden sind (oder als Notmechanismus entstehen mussten…) und die alle für sich zu dieser scheinbaren „Unfähigkeit“ führten, können verändert und gelöst werden!

Neurobiologische Grundlagen – warum Emotionen oft nicht gespiegelt werden können

Was wir mittlerweile aus der Neurobiologie5 wissen und worauf ich meinen Ansatz stütze, sind die folgenden zentralen wissenschaftlichen Erkenntnisse:

  1. „Unser Gehirn benutzt zur Signalisierung einer Beziehungsstörung im eigenen Körper [Schmerzen, Krankheit o.ä.] dieselben Netzwerke wie auch zur Signalisierung einer Beziehungsstörung im zwischenmenschlichen Kontakt [also z.B. ein unbefriedigtes Bedürfnis nach Sozialkontakt und Verbundenheit]“, Gerald Hüther.5 „Eine Beziehungsstörung im Sozialen […] tut genauso weh, als wenn uns jemand mit dem Hammer auf den Daumen haut oder uns einer verprügelt.“5
  2. Wir müssen eine Lösung finden für ein blank liegendes Grundbedürfnis (welches auch das Bedürfnis nach echtem Kontakt ist), weil der daraus permanent entstehende Stress dem Gehirn eine zu große Dauererregung der Neuronen und entsprechenden Netzwerke wäre, die das gesamte Gehirn negativ beeinflussen würde – bis hin zu völliger Handlungsunfähigkeit5
  3. Weil das Gehirn dies „weiß“, FINDET jeder von uns eine der Lösungsstrategien für ein zu lange unbefriedigtes Grundbedürfnis: Wir beginnen uns von diesem Bedürfnis zu trennen (Abspaltung, Dissoziation), dann MERKEN wir den Schmerz und auch unser Bedürfnis nicht mehr – und beginnen vielleicht gar uns einzureden, dass wir das, was uns da fehlt, gar nicht WOLLEN würden… (Leugnung aus der Not heraus) – oder wir beginnen, das Bedürfnis mit etwas anderem zu stopfen, das es aber leider nie so erfüllen kann, wie das, was wir eigentlich BRÄUCHTEN (Entstehung von Süchten, Umtriebigkeit, Ablenkung…) – oder wir beginnen, alles im Außen zu bekämpfen, das uns auf dieses Bedürfnis irgendwie hinweisen könnte.5

All das führt letztlich dazu, dass wir uns von diesem Schmerz, der da innerlich entstanden ist und möglicherweise permanent weh tut, weil nie so richtig DAS da ist, was wir eigentlich bräuchten, abspalten. Das heißt, wir spalten unsere bewusste WAHRNEHMUNG von diesem Schmerz bzw. diesem (nach wie vor „feuernden“) Hirnareal ab.

Jeder, der sich schon einmal verletzt hat, aber in der aktuellen Situation entweder weiterlaufen musste, keine Zeit war, sich um die Verletzung zu kümmern oder die Bedürfnisse eines vorhandenen Kindes der in der Situation der naturgegeben wichtigere Fokus war als die eigenen Bedürfnisse, der wird es kennen: Man spürt den Schmerz erstmal gar nicht mehr, vielleicht sogar den ganzen Tag lang; doch wenn man sich abends ins Bett legt oder man zur Ruhe kommt oder man sich wieder seiner eigenen Verletzung zuwendet, dann kommt der Schmerz auf einmal wieder.

Es ist aber dann nicht ein „Wiederkommen“ des Schmerzes, sondern es ist die Tatsache, dass man bisher den Schmerz einfach ausgeblendet und übergangen hat und ihn von der eigenen Wahrnehmung somit dissoziiert hat; und man sich nun wieder mit dieser Wahrnehmung verbindet und das nach wie vor „feuernde“ Nervennetzwerk im Hirn wieder wahrnimmt, das uns signalisiert, dass das Problem (z.B. die Wunde als Ursache des Schmerzes) noch nicht vorbei ist.

Seelischer Schmerz trennt uns auch von unserem Körper!

Da nun dieses Hirnareal für Schmerz aber genauso aktiviert ist, wenn wir seelische Schmerzen erleiden, weil z.B. unser Grundbedürfnis nach Kontakt nicht genährt ist – und dieses Hirnareal ja wie wir eben im Beispiel gesehen haben, GLEICHZEITIG auch dafür zuständig ist, uns zu signalisieren, wenn im eigenen Körper etwas nicht stimmt (was auch die Wahrnehmung von Hunger, Durst, Schmerz generell, und unser allgemeines „Körpergefühl“ beinhaltet!) – so führt die zwangsläufige Notlösung, uns von diesem seelischen Dauerschmerz (z.B. einer Einsamkeit) abzuspalten, auch zugleich dazu, dass wir uns von unserem Körper distanzieren und damit auch uns selbst nicht mehr so richtig spüren können oder wir nicht so „präsent“ in uns sind.

Auch Traumata führen zu Dissoziation und Trennung vom eigenen Körper

Auch durch Bindungs- und Entwicklungstraumata sowie singuläre Schocktraumata entstehen i.d.R. Dissoziationen, Abspaltungen von „uns selbst“, von Erinnerungen, von Gefühlen (emotional numbing), von Bedürfnissen; denn wer z.B. von nahen Bezugspersonen oder generell anderen Menschen traumatisiert wurde, der wird automatisch sein Bedürfnis nach Kontakt und Nähe verdrängen, um sich zu schützen vor erneuter Traumatisierung, wenn er wieder Kontakt zuließe… usw.4

Und Trauma kann zudem an sich bereits sehr einsam machen. Weil man sich zurück zieht aus Angst… oder weil einen niemand zu verstehen scheint… oder weil man niemandem mehr trauen kann… Generalisierte Ängste, im Körper noch immer lebendige Schrecken (meist ja durch andere MENSCHEN verursacht!)… 

Und wieder haben wir auch bei diesem Punkt obigen Mechanismus, dass das Gehirn von uns als zutiefst soziale Wesen Einsamkeit und Isolation auf Dauer nicht aushält, es sein Bedürfnis nach Kontakt (oder/und nach Autonomie und Freiheit) abspalten muss – und wir entweder Ersatzbefriedigungen suchen, die dann meist zu einer Sucht werden – und wir uns auch dadurch so oder so letztlich von unserer Körperwahrnehmung distanzieren (ohne dies BEWUSST zu wählen oder es immer ganz bewusst mitzubekommen). Und nochmal, weil es so bedeutsam ist: Mit Distanz zu unserem Körper ergibt sich immer auch eine Distanz zu unseren Empfindungen und demnach unserem Gefühlserleben (und damit auch zum Erleben einer emotionalen Resonanz zu anderen Menschen!).

Zudem kommt gerade bei Traumatisierung hinzu, dass man oft viel Kraft dafür aufwendet, „nicht mehr verletzlich“ zu sein, nicht mehr wie das schwächste Schaf in der Herde aufzufallen, das dann vom Wolf gerissen wird… Und dies heißt in der Konsequenz: Man baut eine Schutzmauer zwischen sich selbst und seine Gefühle, um dafür zu sorgen, dass man nicht weinen muss oder anderweitig „die Kontrolle über sich selbst (also Gefühlsausbrüche) oder über seine Sinne verliert, mit denen man die Umwelt nach Gefahren gut absuchen kann“.

Traumatisierungen können auch zu starker Rationalisierung führen, zu einem „verkopft-Sein“, oder dazu dass ein Mensch seine Emotionen so stark abgespalten hat, dass er sich selbst als eher kühl, sachlich und nüchtern bezeichnet. Eine daraus entstehende mögliche Hinwendung zu klaren Fakten und Sachinhalten ist zudem ein Schutz auf emotionaler Ebene, nicht mehr erneut diese Schmerzen, Erniedrigung, psychische Abhängigkeit, Ohnmacht etc. spüren zu müssen UND um sich zugleich einen Halt zu verschaffen an etwas Klarem, Berechenbarem… fern von „Gefühlen“ und auch fern von den eigenen Verletzungen der frühen Kindheit oder Bindungstraumata o.ä. –

Autismus und Traumatisierungen

Auch bei autistischen Mensch können gleichzeitig Traumatisierungen in der Biografie auftreten …und dies ist durchaus sehr viel häufiger, als wir es bislang in der Öffentlichkeit und dem wissenschaftlichen Diskurs gezeigt bekommen! Allein sich als kleines Kind im Kindergarten bereits „anders“ zu fühlen und nach Leo Kanner „mit der Schwierigkeit auf die Welt kommen, sich mit anderen in Beziehung zu setzen“… kann durchaus traumatisierend sein. – [Wobei hier zusätzlich die Frage im Raum steht: Huhn oder Ei? Autismus durch Trauma oder Trauma parallel zu Autismus? Oder führt erst das Trauma bei Menschen mit Autismus zu dem Gefühl, wie in einer Glaskugel zu sein, einsam zu sein und nicht an andere Menschen heran zu kommen… und gar nicht der Autismus per se?]

Wenn auch in Therapie die Ratio vorherrscht…

Selbst in einem therapeutischen Setting passiert es durchaus, dass der Betroffene keine ausreichende Sicherheit erlebt, die erlauben würde, dass man sich selbst spürt oder seine inneren Regungen wirklich wahrnimmt – und nicht selten wundern sich Patienten und Therapeuten dann, weshalb man „nicht an seine Gefühle heran kommt“, weshalb auch Übungen nicht so richtig zu helfen scheinen oder zu völliger Dissoziation oder zu Aussagen wie: „ich fühle gerade GAR NICHTS“ führen… – Und die Schlussfolgerungen sind dann nicht selten leider, dass der Betroffene eben „sehr verkopft“ oder überrational sei. Oder Betroffene, gerade wenn sie solche Übungen und Tipps durch Coaches und Videos im Internet finden und es zuhause allein ohne geschulte Begleitperson ausprobieren wollen, schließen dann aus der Tatsache dass sie „nichts“ fühlen, dass dann ja auch kein verdrängtes Trauma oder anderweitige Gefühle da sein könnten, „sonst würde ich in mir ja was fühlen an Ängsten usw.“. Dies ist jedoch ein Fehlschluss – nicht selten steckt hinter einem „Gar nichts Fühlen“ oder nur innere Unruhe finden zu können: Dissoziation. Und diese sind in aller Regel ein traumaassoziierter Schutzmechanismus.

Wenn der Patient z.B. bei derartigen Übungen, um eigentlich „ins Fühlen zu kommen“ und in sich hinein zu spüren, dissoziiert d.h. der interne Mechanismus einsetzt, dass sein intelligentes Körper-Psyche-System ihn gerade SCHÜTZT vor einem Zuviel an Erregung und Stress im Nervensystem!, …müssen sich auch die Helfer und Coaches eingestehen, dass sie es noch nicht geschafft haben, dem Betroffenen wirklich auf eine ihm und seinem individuell geprägten Körper-Psyche-System verständliche und ganz friedlich annehmbare Weise zu vermitteln, dass jetzt hier gerade alles gut ist und Sicherheit ist.

Nur ein Sicherheits-ERLEBEN, das neben dem Verstand und Bewusstsein auch im ganzen Körper (also im Unterbewusstsein, das mit unserem Körper verbunden ist und permanent mit ihm kommuniziert) gleichermaßen ankommt, wird in der richtigen Zeit Gefühle zugänglich machen können und generell eine neue Verbindung herstellen zum eigenen Körper, die durch die Dissoziation durch Traumata verschlossen wurde.

Checkliste

Wenn Du Zugang zu deinem Körper (wieder) finden möchtest, weil Du spüren möchtest, welche Empfindungen ein ANDERER in Dir nicht nur auslöst/ triggert, sondern auch durch die Emotionsspiegelung in Dir für Dich wie eine informative Kinoleinwand kenntlich macht über seinen Zustand (und Absichten, Gefühle etc.) – dann solltest Du mal folgende Punkte für Dich selbst checken, inwieweit sie auch auf Dich zutreffen.

Denn alle nun aufgezählten Aspekte können aktuell noch vorhandene Bausteine und Blockaden sein, die dich daran hindern, all die genannten Fähigkeiten und Möglichkeiten INTUITIV zu haben.

Cluster 1: (Trauma-assoziierte Blockaden in der Empathie)

  • Du hast bereits Mobbing erleben müssen
  • Du weißt von einer Traumatisierung in Deiner Vergangenheit (oder steckst sogar aktuell noch in sehr unguten Verhältnissen…!)
  • Du kennst dissoziative Phänomene, fühlst Dich oft selbst nicht oder erlebst Deine Umwelt wie surreal, fern, weit weg… oder Du hast das Gefühl, wie einen tranceartigen Blick zu haben, den Du nicht bewusst steuerst oder beenden kannst (oder es wirkt, als hättest Du unglaublich „müde“ Augen…), Deine Konzentration ist schlecht oder mal so mal so… oder Du erinnerst Dich an ganze Passagen Deines Lebens gar nicht (aktuelle oder weit zurück liegende, die ein nicht traumatisierter Mensch aber in seinem biografischen Gedächtnis in der Regel zugänglich hat; dass wir von den ersten ein zwei Lebensjahren meist nichts oder nur sehr wenig wissen, ist nicht unnormal) …usw.
  • Du hattest ein „dysfunktionales Elternhaus“, das drückt sehr gestelzt aus: Du wurdest von Deinen Eltern geschlagen, oft angeschrien, misshandelt oder oft allein gelassen, v.a. wenn es Dir schlecht ging, mit Liebesentzug bestraft, vernachlässigt oder überbehütet, mal gehasst und mal geliebt… (usw.) – dann könnte es interessant sein, Dich mal mit dem Thema Entwicklungstrauma auseinander zu setzen, meist beinhaltet das auch Bindungstraumata
  • Du bist sehr schüchtern, hast soziale Ängste, vielleicht sogar Panik in sozialen Situationen… bis hin zu einer Sozialphobie, irrationale Gedanken, was die anderen über dich denken könnten (Achtung: auch diese Gedanken haben ja einen Ursprung! Keiner macht sich solche Gedankenschleifen gern und einfach „nur so“. Egal wie „irrational“ sie einem Außenstehenden auch erscheinen mögen, sie sind der Schlüssel zu dahinterliegenden traumatischen Erfahrungen vor dem Hintergrund der individuellen Vulnerabilität der Person, welche diese Verhaltens- und Denkweise überhaupt erst ins Leben gerufen haben.)
  • Du hast das Gefühl, sobald Du mit jemandem redest, dass Du „in ihn hinein fällst“ oder dass Du mit Deiner Aufmerksamkeit komplett nur beim Gegenüber bist und dich selbst nicht mehr wahrnimmst dabei. Du „löst Dich förmlich auf“ in einem Kontakt und hast auch kaum mehr Zugang zu Deinem eigenen Inneren und deinem Ich oder vielleicht auch zu deinen Werten, Gedanken, Absichten/ auch ein „Nein“, was Du eigentlich sagen wolltest… usw.
  • Du verletzt dich manchmal bewusst selbst (subtil oder deutlich und krass wie z.B. die klassische Selbstverletzung des Schneidens)
  • Du hattest schon mal den Gedanken oder bist gar bereits in einer Psychotraumatherapie…

Wenn Du dich auch in einigen weiteren Symptomen von Traumatisierung (ICD-11: Mit Stress verbundene Störungen; siehe >HIER als Download) wiederfindest, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass Psychotrauma eines deiner Problembereiche ist, die ganz klar dem direkten Zugang zu Dir, deinem Körper und Deinen differenzierten Empfindungen und Gefühlen noch im Weg steht. Hier ist Behutsamkeit und eine gute therapeutische Begleitung und Verarbeitung der zugrunde liegenden Traumata und Konflikte erforderlich, um von dort aus ganz in seiner Zeit und wie „nebenbei“ auch zu bemerken, dass man sich „lebendiger“ oder nicht mehr „nur wie ein Kopf“ fühlt oder man nicht mehr so überrational ist und man erste Gefühle in sich wahrzunehmen beginnt…

Cluster 2: (ungestillte existenzielle Grundbedürfnisse als blockierende Faktoren der Empathie)

  • Du bist einsam, hast kaum oder gar keine direkten persönlichen sozialen Kontakte
  • Du hast das Gefühl, dich nicht wirklich entfalten zu können/dürfen, Du lebst vielleicht in Umständen, die Dich stark einschränken in dem, was Du für Dich und Dein Leben eigentlich entscheiden, gestalten, verwirklichen möchtest
  • Oder Du traust Dir gar nicht, solche Gedanken oder Ziele und den Wunsch nach Autonomie zu haben, vielleicht auch weil dies hieße, mit anderen (Bezugs-)Personen anzuecken, den Partner/ die Partnerin zu verlieren, den Job kündigen zu müssen o.ä…

Weitere mögliche Blockaden

  • aktuelle eigene zu starke emotionale Erregung im Kontaktmoment/ in der Begegnung mit anderen Menschen (Traurigkeit aber v.a. auch Wut)
  • Stress, Zeitdruck
  • Desinteresse (am Thema, an der anderen Person…)
  • Überforderung durch akute Reizüberlastung der Sinnesorgane, die Umgebung ist zu laut, zu grell, oder es ist zu durcheinander, sodass man sich kaum auf diese eine Person gegenüber konzentrieren kann
  • Ekel vor demjenigen (dies kann auch ein ganz „heimliches“ Gefühl sein, das oft ausgeblendet wird; nicht selten ist Wut oder Ekel auch leider traumaassoziiert, muss dies aber nicht sein)
  • ein aus Verzweiflung oder Einsamkeit oder Wut entstandenes Gefühl, „die Welt zu hassen“ oder „die Menschen zu hassen“ oder „die Normalos“ nicht zu mögen und innerlich eigentlich abzulehnen
  • Nicht „da“ zu sein innerlich, weil man eigentlich gerade etwas anderes lieber machen würde, als hier zu reden oder mit diesem Menschen in Kontakt zu gehen…
  • andere akute Bedürfnisse (Harndrang, Hunger, Durst, Müdigkeit…)
  • Probleme im Selbstwert und der gesunden Abgrenzung
  • Schmerzen wie Kopfweh o.ä.
  • andere psychische oder körperliche Erkrankungen, die dazu führen, dass Dein Fokus mehr auf Dir selbst oder dem liegt, was Du vielleicht mit großer Mühe gerade tust – anstatt überhaupt auf „Kontakt“ nach außen zu anderen Menschen anzusprechen (bspw. auch Depressionen)
  • etc.

Auch Emotionserkennung basiert auf Fühlen

Emotions-ERKENNUNG (also auch Mimik und Gestik korrekt zu deuten) liegt wie die Empathie meines Erachtens ebenso vor allem darin begründet, dass man die Emotionen des anderen in sich mit- FÜHLEN kann.

Nur so kann ein Lächeln mir dennoch den Fakt signalisieren, dass der andere traurig ist – weil ich zwar sein Lächeln sehe, aber er mir emotional (also über alle nonverbalen Kanäle) in meiner inneren Spiegelung, die ich von ihm intuitiv in mir wahrnehme, zeigt, dass es ihm gar nicht gut geht und er traurig ist oder Schmerzen hat.

Wer Zugang hat zu seinem eigenen Inneren, wer Zugang hat zu seiner eigenen Präsenz, wer ganz „da“ ist im Hier und Jetzt, dem öffnen sich sehr viele weitere intuitive Informationskanäle im zwischenmenschlichen Kontakt.

Emotionsspiegelung auch als Basis für kognitive Empathie/ Theory of Mind!

Tatsächlich begründet sich m.E. auch die kognitive Empathie, wo es nicht direkt um Gefühle geht, sondern um die Gedanken und Absichten etc. einer anderen Person, welche ich antizipiere und erkenne – auf der emotionalen Empathie bzw. der Emotionsspiegelung!

Warum? Weil wir nur die wahre Absicht eines Menschen erkennen können (wie auch im obigen Beispiel mit dem lächelnden Menschen, der aber eigentlich traurig ist und dieses Gefühl nur hinter seinem Lächeln zu verbergen versucht), wenn wir seine Emotionen miteinbeziehen (die wir durch FÜHLEN und Emotionsspiegelung wahrnehmen können).

Wer die Absicht hat, mich zu schubsen, wird mit einer „anderen Energie“ einer anderen inneren emotionalen Ladung, einer anderen Emotion auf mich zukommen, als jemand, der mich nach dem Weg fragen will.

Ein Vergewaltiger kommt mit einer anderen „Energie“ und Emotion und Absicht auf sein Opfer zu als ein Passant, der sich im Wald verirrt hat und nach dem Weg fragt.

Ja, diese Beispiele sind krass – aber sie verdeutlichen hoffentlich, was ich meine.

Niemand kann eine Absicht, ein Ziel, einen Gedanken haben, ohne ein Gefühl dazu zu haben. Wir Menschen haben IMMER ein Gefühl in uns, ob wir es gerade wahrnehmen oder nicht. Und wir senden es auch immer zugleich neben dem verbalen Inhalt oder unserem konkreten Verhalten aus, was wir fühlen – dies kann auch von dem besten „Schauspieler“ und der besten Fassade nie gänzlich verborgen werden.

Kann ich die inneren Regungen meines Gegenübers beginnen in mir wahrzunehmen (vielleicht anfangs auch zunächst als ganz subtile „Reaktion“ auf den anderen wie z.B. ein inneres Ausweichen und den Impuls weg zu gehen, oder Angst/ ein kurzes Zusammenziehen im Bauch, oder Wärme und ein angenehmes vertrautes Gefühl…) – dann kann ich auch Schritt für Schritt mit der Übungszeit und der Vertrautheit mit dieser Resonanz in mir die Gefühle eines anderen erkennen, die HINTER dem liegen, was er auf der reinen „Tonspur“ mir verbal sagt.

Ich kann vielleicht auch spüren, dass das, was er sagt, nicht so recht zu dem Gefühl passt, was ich dazu in mir empfange/“spiegele“ von ihm. Und dann kann ich mit der Erfahrung und mit der Zeit lernen, dass solche Diskrepanzen immer dann auftreten, wenn jemand lügt oder er eine eigene Emotion verbergen will oder er gerade nicht fühlen will, wie es ihm geht und er lieber einfach nur ein kurzes „mir geht’s gut“ dahin redet, weil er gar nicht darüber reden will…

Du siehst… es wird komplex! Aber alles baut auf der Emotionsspiegelung auf – und damit ist sie ein unverwechselbarer Schlüssel zu der „Wahrheit“.

Wann die Wahrheit korrumpiert wird

Natürlich gibt es auch „innere emotionale Reaktionen“, die KEINE echte Emotionsspiegelung  sind, da diese Spiegelung nicht auf eine neutrale Leinwand in mir fällt, sondern auf eine von mir gefärbte – oder weil es eigentlich MEINE EIGENEN Reaktionen sind, die ich da wahrnehme.

Aber ganz ehrlich: Prinzipiell hat JEDER MENSCH in jedem Moment eine gefärbte Leinwand in sich. Jeder hat in seinem Leben bereits Erfahrungen gemacht mit bestimmten Situationen, dadurch hat er entsprechende Erwartungen, Deutungen, Kategorien, Wahrnehmungsfilter… – und so entstehen IMMER, auch bei „neurotypischen“ Menschen durchaus Fehleinschätzungen, Fehlinterpretationen, individuelle Reaktionen, die so manch Außenstehender auch als „Überreaktion“ bezeichnen würde… Eine Person glaubt z.B. dass ihr Mann sie anlügt und er fremdgeht, obwohl er das gar nicht tut – Oder sie sagt ihm, dass sie ihm glaubt, doch eigentlich glaubt sie ihm nicht, was er sagt…

Aber das Gute daran ist:

Dadurch dass wir ja ohnehin den Weg wählen, zunächst MIT UNS SELBST in Kontakt zu kommen, lernen wir uns selbst sehr gut kennen – und damit lernen wir auch unsere eigenen inneren Wahrnehmungsfilter; sozusagen die Färbung unserer inneren Leinwand – kennen. Und damit wird diese Leinwand wieder weiß – nicht weil wir die Farbe direkt entfernen könnten, sondern weil wir so intelligent sind, dass wir mit der Übung unsere eigene Farbe auf der Leinwand „herausrechnen“ können.

Wenn ich weiß, dass mich xy immer triggert, weiß ich auch, wenn ich bemerke, dass ich erneut in einer solchen Triggersituation bin, dass das Gefühl, das ich da gerade in mir habe, wohl MEINS ist und keine Spiegelung des Gefühls des anderen. Wenn ich mich selbst Fühle, weiß ich auch, wann ich innerlich wütend oder gestresst bin und dementsprechend ist mir klar, dass dann zum einen meine Emotionsspiegelungs- und Empathiefähigkeit ohnehin gegen null geht – und zum anderen weiß ich auch, dass das MEINE Gefühle von Stress und Wut sind (und nicht die der anderen).

…Dies alles ist ein Prozess, den wir auch in der allgemeinen Persönlichkeitsentwicklung gehen! Es ist die Herausarbeitung unserer inneren Zustände, ein Kennenlernen von sich selbst und den eigenen Reaktionen, die Entwicklung einer stabilen Metaperspektive/ Vogelperspektive, von der aus wir neutral eine Situation und unsere wie auch die Reaktionen der anderen betrachten und analysieren können… und damit werden wir auch immer freier von dem, was Menschen anderen durchaus gemein an den Kopf werfen, wenn sie ihre eigene Wut oder Unzulänglichkeit auf den anderen projizieren… oder wenn sie manipulieren, leugnen, verdrängen…

Und weil Du dir ÜBER DIE DINGE und auch über deine Gedanken und deine Gefühle, die ansonsten „automatisch“ (unbewusst) ablaufen, Gedanken machst, IST DIES der beste Schutz, unbewusst durchs Leben zu gehen. Es ist auch eine persönliche REIFE, sich mit sich selbst auseinander zu setzen, die eigenen Gedanken und Gefühle zu bemerken und beobachten zu können, sowie die eigenen Impulse zu erkennen, warum man wann was tut oder gern tun würde… Und all dies erweitert Dein Bewusst-Sein.

Und noch etwas zum Abschluss dieses Kapitels:

Wir MÜSSEN auch nicht immer „empathisch sein“ und den anderen Menschen emotional wahrnehmen. Manchmal geht es einfach nicht, manchmal haben wir mit uns selbst zu viel zu tun – und das ist bei jedem Menschen so. Dass die Debatte um Empathie so sehr dahingehend verzerrt wird, dass man Menschen bereits als „kalt und herzlos“ hinstellt, nur weil sie keine Empathie hätten oder nicht immer empathisch sind, ist ein großer Irrtum. Denn herzlich und liebevoll zu handeln und liebevolle freundliche Gedanken zu haben und das Gute zu tun hat vielmehr mit Ethik und Liebe zu tun als nur mit der Fähigkeit zur Empathie. Im Gegenteil – man kann Empathie auch sehr manipulativ einsetzen, wenn man es darauf anlegt!

Aber da Empathie natürlich auch bereichert – und wir dadurch Kontakt fühlen können zu anderen Menschen, möchte ich Dir hier noch ein paar konkrete Übungen vorstellen, wie Du diese wunderbare Fähigkeit in Dir trainieren kannst; bzw. wiederentdecken und entfalten.

Konkrete Übungen: Wie komme ich mir mit selbst in Kontakt?

Hier ist zuerst einmal wichtig, ein Umfeld zu haben oder zu schaffen oder sich einen guten Therapeuten zu suchen, wo man sich wirklich sicher fühlen kann (gerade auch wenn Traumatisierungen eine Rolle spielen, aber auch ohne Trauma in der Biografie ist solch ein geschützter Raum nicht zu unterschätzen in seiner positiven Wirkung auf den ganzen Organismus). Es sollte ein Ort sein, wo die Reizmenge genau passend ist und wodurch man überhaupt erst in der Lage ist, mit sich selbst Kontakt aufzunehmen.

Das ist die Basis – ohne das wird kein weiterer Versuch, sich sich selbst anzunähern, gelingen können.

Und der zweite Schritt ist, mit dem eigenen Körper vorsichtig, liebevoll, neugierig und eben in Sicherheit und ohne ZU VIEL Angst in Kontakt zu kommen – was bedeutet, dass wir diesen Kontakt unbedingt von unserem „erwachsenen Ich“/ von der wahrnehmenden Vogelperspektive/ von unserem Bewusstsein aus (und nicht ohne Bewusstsein und als reines „Hineinfallen“ in ein Gefühl oder Erleben!) gestalten sollten. Und dann darf auch eine spürbar werdende Angst da sein, weil wir diese Angst dann nicht „sind“, sondern sie wahrnehmend fühlen können, ohne uns selbst dabei zu verlieren. (Hier ist unbedingt eine gute Selbstreflexion oder eine liebevolle Begleitperson nötig, um sich weder selbst zu veräppeln, noch eventuell in aufkommende Traumagefühle abzutauchen und mit diesem Fühlen dann eine Retraumatisierung durch Flashbackerleben oder zumindest eine immer gefestigtere Trauma-Nerven-Bahn im Hirn zu erzeugen…)

Wenn Du dich liebevoll Dir selbst annähern möchtest, dann suche am besten nicht die „Gefühle“ in dir, sondern die reinen Körperempfindungen. Das bringt den nötigen Abstand zu ggf. Traumaerinnerungen oder überwältigenden Gefühlen und zugleich schenkt es Kontakt zu Dir selbst und Deinem Körper. Schau mal, wo es vielleicht warm ist im Körper, wo kalt, wo eng, wo weit, wo verändert sich in diesem Moment vielleicht gerade etwas, wo wird eine Enge gerade vielleicht etwas weiter, so zieht sich etwas zusammen?… usw.

Dabei brauchen die körperlichen Empfindungen zunächst nicht INTERPRETIERT werden als Gefühl. Es darf z.B. einfach eine Enge sein, die man bemerkt. Ob man es Angst nennt oder anders, ist für das Körpererleben und den Erfolg der Übung zunächst nicht relevant und erst wenn du dich mit dieser Übung auf der reinen Empfindungsebene vertraut und sicher fühlst, kann man dazu übergehen, die Empfindungen zu interpretieren und als Gefühl zu benennen.

Falls du noch „nichts“ an Empfindungen in dir fühlst, gehe einfach zunächst von der Stufe der „inneren Empfindung“ zurück zur Stufe der „äußeren Empfindung“ und spüre, ob du bemerken kannst, wie z.B. dein Hintern auf dem Stuhl Kontakt spürt oder wie sich die Füße im Schuh und auf dem Boden anfühlen oder deine Hände auf den Beinen liegen usw.

Ein schönes Schlüsselwort hierbei ist: BEMERKEN.

Bei dieser Übung gibt es auch keinesfalls ein „Ziel“. Es geht nicht darum, möglichst starke Gefühle zu erleben und es geht auch nicht darum, „Gefühle aufzufühlen“ oder „da durch zu gehen“.

Es geht einfach nur um eine besimmte Zeit die Du dir nimmst, um deine Wahrnehmungsfähigkeit deines Inneren (auch Interozeption) zu schulen – und nebenbei wirst du viel über Dich und deinen Gefühlszustand lernen.

Und vor allem ist es eine Verbindung mit dir Selbst mit gleichzeitiger Aufrechterhaltung des liebevoll beobachtenden Bewusstseins. Du bist bei dir – ohne in dir/deinen Gefühlen unter zu gehen.

Du musst bei dieser Hinwendung zu Deinen Körperempfindungen auch nicht unbedingt die Augen schließen. Manchen Menschen hilft es, die Augen zu schließen, um ihren Körper besser spüren zu können, andere wiederum driften durch das Schließen ihrer Augen zu schnell innerlich ab und verlieren den Fokus und den Bezug zu dem Raum, in welchem sie gerade sitzen und üben.

Schau, was für Dich hier am besten passt. Der Blick darf auch ganz weich und unfokussiert einfach auf den Boden vor Dir wandern, während Du „mit Deinem inneren Auge“ nach innen in Deinen Körper schaust und spürst.

ACHTUNG:

Jede der Übungen kann in Dir Dinge aufzeigen oder Bedürfnisse offenbaren, die Du entweder lange nicht gesehen hattest oder die Du vielleicht gar nicht erwartet hättest oder Inhalte nun erstmals ins Bewusstsein bringen, die verdrängt waren – schöne wie unangenehme. Jede Übung dieser Art kann starke individuelle Veränderungsprozesse anstoßen – und deshalb ist es ratsam, gerade wenn Du die Vermutung hast, dass da in Dir etwas sehr Unangenehmes bewegt werden könnte, das dir zu viel wird, diese Übungen nur zusammen mit Deinem Coach oder Therapeuten zu machen, der Dich dabei fachkundig und schützend und stützend begleitet in diesem inneren Prozess; auch NACH einer Übung, wenn wir schon gar nicht mehr darüber nachdenken, können sich Wirkungen zeigen.

Natürlich sind all die Übungen darauf angelegt, Frieden, Freiheit und geerdete Leichtigkeit zu erschaffen und zu helfen, sich selbst klar und präsent zu werden – aber der Weg dorthin kann für den einen oder anderen auch holperig sein.

Achte dabei einfach gut auf Dich und alle inneren Regungen, presche nicht zu schnell voran, gib Dir und dem ganzen Zeit – und achte liebevoll auf Deine Grenzen.

„Ich Bemerke“ – Übung

Du kannst Dir innerlich sagen: Aha, ich bemerke, dass……. (z.B. sich mein Bauch gerade etwas angespannt anfühlt.) – Aha, und jetzt bemerke ich, dass während ich dies ausgesprochen habe, sich parallel eine kleine Weite in der Brust bemerkbar gemacht hat. Aha, jetzt wird diese Weite wieder kleiner und ich bemerke erneut auch parallel die Anspannung im Bauch. Aha, sie ist jetzt ziehender. Aha, ich bemerke……..

Es sollte alles aus einer spielerischen, angstfreien und ruhigen Metaperspektive heraus geschehen. Wenn es Dir noch nicht möglich ist, genügend Abstand zu bestimmten Gefühlen, Themen oder Körpersensationen (die ja dann meist ein Trigger sind für viele weitere Gedankenschleifen, Erinnerungen usw.!) einzunehmen und liebevoll zu halten, kann ein guter Therapeut oder Coach bei dieser Kontaktaufnahme zu dir selbst/ zu Deinem Körperinneren behilflich sein.

Ein weiteres Wort, mit dem Du in dieser Übung im inneren oder direkt ausgesprochenen Dialog mit Dir selbst, ist ein freundliches: HALLO!

Auch wenn es affig klingt, versuche es einmal spielerisch. Sag mal nachdem Du es BEMERKT hast, freundlich Hallo zu diesen aktuell wahrnehmbaren Empfindungen in dir: Hallo Weite! Ich bemerke Dich./ Hallo Enge im Bauch, ich bemerke Dich.

Es geht hier nicht darum, irgendetwas zu verändern, weg zu machen, „nur gute Empfindungen zu benennen“ oder um irgendein Ziel. Es ist einfach nur das reine Wahrnehmen dessen, was IST. (beachte bitte hierzu auch den Unterschied zu künstlich erzeugten Gefühlen, die NICHT realitätsbezogen sind!)

Am Anfang reicht es, wenn Du das eine halbe Minute ausprobierst. Und wenn Du Gefallen daran findest, weil Dein Körper sich irgendwann anders und „geerdeter“ anfühlt oder weil sich eine Freude bemerkbar macht oder weil es lustig ist, so mit seinen eigenen Empfindungen zu reden… dann mache es so lange, wie es Dir letztlich Gutes bringt.

Schwerkraft-Übung

Du kannst auch mal ausprobieren, wie es sich eigentlich anfühlt, wenn Du ohne Schuhe auf einem Boden stehst und Du bewusst hinein spürst, wie sich deine Fußsohlen anfühlen, während die Schwerkraft förmlich den Boden von unten Halt gebend gegen Deine Fußsohlen drückt. …Und wie Du diese Halt gebende Schwerkraft, die immer konstant da ist… vielleicht auch beginnst, durch Deinen ganzen Körper hindurch angenehm wahrzunehmen… und zu bemerken, wie deine Beine auf den Füßen stehen, die Hüften auf den Beinen ruhen, die Schultern mit der Wirbelsäule verbunden und nach unten hin Halt gebend stabil sind… und der Kopf auf dem Rumpf nach unten hin stabilisiert von der Schwerkraft gehalten wird…

Das Ganze kannst Du später auch beim ganz bewussten und langsam achtsamen Gehen ausprobieren. Spürst Du die Schwerkraft, die Dich trägt bei jedem Schritt? Die Dein Bein immer wieder auffängt, wenn Du es loslässt und sanft auf den Boden gleiten lässt, der Dir Halt und Sicherheit gibt?

Etwas so banal wirkendes wie die Schwerkraft ganz bewusst zu erfahren, kann unglaubliche Effekte haben! Probiere es gern aus und spüre achtsam nach, was diese Übung vielleicht an Empfindungen in Deinem Körper aufzeigt. Kannst Du etwas in Dir bemerken?

Nun wünsche ich viel Entdeckerfreude beim Ausprobieren – und wie immer: take it easy! Wenn noch nichts fühlbar wird, dann ist das auch okay.

BRICH DICH BITTE NICHT GEWALTSAM AUF. Denn auch eine Dissoziation von seinen eigenen Empfindungen oder ein ständig herumspringender Geist, den Du nicht lange fokussiert auf diese Übung halten kannst, könnte eine interne Schutzreaktion sein, wenn Du z.B. noch Traumata in Dir trägst, die nicht verarbeitet wurden und wenn Dein intelligentes Körper-Psyche-System genau abgecheckt hat, dass die aktuelle Situation und dein inneres Empfinden gegenüber dieser Situation gerade noch nicht sicher und ruhig genug ist, um deine Empfindungen zu erleben. (s.o.)

Solange da noch zu viel Unsicherheit oder Stress ist, wird die Übung nicht gelingen, und das ist ok so, denn es ist ein Schutz des Systems vor einem möglichen Zuviel, das nur mehr zerstören würde als es nutzt. Und andererseits hast Du damit auch einen idealen Indikator dafür, ob Du Dich bei deinem Coach/ Therapeuten/ Freund etc. , der diese Übung mit Dir macht oder Dich begleitet, schon sicher genug fühlst oder nicht. Diese Übung klappt nur, wenn für Dich individuell genug Sicherheit erlebbar ist.

Dein Feedback

Sehr gern kannst Du uns Deine eigenen Erfahrungen mit diesem spannenden Thema in die Kommentare schreiben. Was kannst Du bestätigen aus deiner eigenen Erfahrung oder Beobachtung? Oder was siehst Du anders? Hast Du weitere Ideen, Erfahrungen, die Du mit den anderen teilen möchtest?

Schreibe sehr gern in die Kommentare! Jede Info bereichert diesen Blog für alle!

Quellen

1 Benz, A., Was steckt wirklich hinter den Spiegelneuronen?, 04.03.2022,URL: https://www.spektrum.de/news/was-steckt-wirklich-hinter-den-spiegelneuronen/1991029 (abgerufen am 01.04.2023)

2 Prof. Dr. med. Martina Grüter, Münster, persönliches Gespräch

3 Spektrum, Gehirn und Geist, Oktober 2009, URL: https://www.spektrum.de/pdf/gug-09-10-s066-pdf/100607 (abgerufen am 12.04.2023)

4 Van der Kolk, B. et al. (Hrsg.): Traumatic Stress – Grundlagen und Behandlungsansätze. Theorie, Praxis und Forschung zu posttraumatischem Streß sowie Traumatherapie. Paderborn Junfermann Verlag, 2000.

5 Prof. Dr. Gerald Hüther, Etwas mehr Hirn bitte, Vortrag URL: https://geraldhuether.de/Mediathek/Potentialentfaltung/Etwas_mehr_Hirn_bitte.zip (abgerufen am 05.03.2022)

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