Psychologie, Selbsthilfe und Persönlichkeitsentwicklung


GFK: „Es gibt keine Sicherheit in Beziehungen/ Jeder ist frei“ – Meine Kritik!

Die gewaltfreie Kommunikation macht die Aussage, dass es im Grunde nie absolute Sicherheit gäbe in (partnerschaftlichen wie freundschaftlichen) Beziehungen. – Weil diese Aussage sehr kritisch zu sehen ist und ganz oft völlig falsch verstanden und interpretiert wird, möchte ich in diesem Beitrag meine Sichtweise dazu darlegen und um hier Klarheit zu schaffen, was Beziehung, Verlässlichkeit, Halt, Stabilität und Liebe AUCH sein kann – und gleichsam sein „sollte“, wenn wir unserem wahren Wesen als Menschen gerecht werden wollen.

Die Behauptung der GFK:

Die gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg (kurz: GFK) belegt ihre oben genannte Aussage damit, dass niemand je wisse, was in 5 Minuten sei. Der Partner könne in 5 Minuten tot in seinem Sessel liegen. Es gäbe nie (in keinem Bereich) tatsächlich so etwas wie Sicherheit – „Gefühle sind wechselhaft und unbeständig [auch in einer Partnerschaft] […] Alles, was ich überhaupt garantieren kann, sind die Absichten, die ich IN DIESEM MOMENT habe.“ (zit. nach M. Rosenberg, Konflikte lösen durch Gewaltfreie Kommunikation, im Gespräch mit Gabriele Seils, steinbach. Audio CD).

Kurzer Disclaimer zur GFK

Natürlich habe ich hier eine krasse Aussage herausgenommen. Die GFK hat meiner Meinung nach auch sehr gute und hilfreiche Ansichten und Konzepte für ein friedvolles menschliches Miteinander; gerade auch für Menschen, die mehr zu sich selbst stehen lernen wollen und ihre Bedürfnisse äußern lernen wollen, weil sie bislang immer zu viel zurückgesteckt haben oder sehr selbstunsicher waren o.ä. –

ABER was bei dieser obigen Aussage mitschwingt und was vielfach an diversen Stellen im Internet, in Büchern, in Coaching-Videos etc. zitiert und wiederholt wird, ist ganz klar die Behauptung, es gäbe keine Sicherheit in Beziehungen und ob der Partner auch morgen noch da bleibt oder nicht, könne man im Grunde nicht „erwarten“ oder „fordern“, denn es sei seine Freiheit, in jedem Moment zu entscheiden, was seinen Bedürfnissen entspricht; und dies kann sich verändern.

Mein Statement dazu:

Zu sagen, „es gibt keine Sicherheit in Beziehungen“, wäre gleichbedeutend mit: „Es gibt keine Liebe“.

Denn wenn man sagt, es gibt keine Sicherheit, dann torpediert dies das ur-menschliche Grundbedürfnis nach sicherer Bindung, nach Sicherheit, nach Halt. Denn es könnte dieser Auffassung und Lebensart nach ja passieren, dass wenn es jemandem mal schlecht geht und er sich gerade in einer Partnerschaft vertrauensvoll fallen lässt oder er Hilfe braucht oder er mal (psychischen oder auch körperlich-psychischen) Halt braucht, dass der andere vielleicht am Anfang erst kommt und kurz stützt – und dann sagt: „Ach nö, ich habe keine Lust mehr, ich lass los.“ …und man kann dann ja gemäß dieser Haltung nicht „einfordern“, dass derjenige da bleibt, um einen nicht umfallen zu lassen, denn „er ist ja frei“ – und: „Es gibt keine Sicherheit“.

Dies ist ein deutliches Beispiel, aber das kannst Du sinnbildlich auf vieles übertragen.

Wir Menschen brauchen aber Sicherheit. Wir brauchen Halt. Wir brauchen uns gegenseitig.

Und da müssen wir auch eine Verlässlichkeit haben – und „Verlässlichkeit“ heißt ja im Grunde Sicherheit.

Und Verlässlichkeit entsteht zum Beispiel ganz natürlicherweise in Liebesbeziehungen, wo ECHTE Liebe ist. Wirklich echte, wahre Liebe – weil diese Liebe auch schaut, wie die Dinge beim anderen ankommen, die man sagt und tut… weil diese Liebe nicht einfach nur sagt: „Ist mir doch egal. Wie Du reagierst, das sind doch DEINE Gefühle, die erzeugst Du selbst und ich habe damit nichts zu tun./ Dein Problem, wenn Du so reagierst auf das, was ich sage – ich bin nur authentisch!“NEIN.

Wahre Liebe achtet auch darauf, wie es dem anderen damit geht, was man ihm sagt und was man tut, auch wenn man dabei gleichzeitig auf seine eigenen Bedürfnisse achtet.

Wahre Liebe achtet auch darauf, dass der andere es gut annehmen kann, wenn man mal eine Kritik äußert oder was auch immer man sagt. (oder man redet miteinander, wie man es sagen müsste, damit der andere auch DAS hört, was ich damit wirklich MEINE; und nicht einen Vorwurf o.ä.)

Wahre Liebe ist auch dann da, wenn der andere mal etwas macht, was einem stinkt – Es ist die Liebe zum Menschen als GANZES, die immer noch da ist, auch wenn man sein VERHALTEN mal kritisiert. – Die Liebe, die auch in einer schlimmen Situation oder einer Gefahrensituation trotzdem da ist und diesem Menschen in Not helfen will, den man vielleicht gar nicht so sehr mochte oder mit dem man sich vorher gestritten hat. Man wird sich die Hand reichen; und das ist echte Liebe.

Das, was wir heutzutage viel zu oft und immer mehr erleben, ist bedingte Liebe. Die allermeisten Menschen sind leider in Liebe aufgewachsen, die an Bedingungen geknüpft ist: „Du bist nicht, wie ich Dich will? Dann ignoriere ich Dich, hasse ich Dich, verlasse ich Dich, passt Du nicht zu mir, schreie ich Dich an, mach Dich klein, bestrafe Dich oder passe ich Dich an und stutze ich Dich so zurecht, dass Du bist, wie ich Dich haben will.“

Das ist doch die Art von Liebe, die die meisten kennen gelernt haben – und die sie in ihren eigenen Beziehungen fortführen.

Sie entziehen ihrem Partner oder ihren Kindern die Liebe, wenn diese nicht so sind, wie sie es sich vorstellen oder wünschen. Das geschieht subtil – oder ganz offensichtlich. Emotional gewalttätig oder handgreiflich.

Und das ist natürlich keine Sicherheit.

Dass Menschen sich aber nach echter Liebe sehnen, heißt: sie sehnen sich nach Sicherheit.

Nach Bindungssicherheit. Nach Geborgenheit.

Das heißt: auch wenn sie schwach sind, dass sie die Sicherheit haben, dann gehalten zu werden. Dass man Dich eben NICHT fallen lässt, wenn Du mal loslässt oder Du nicht mehr kannst. Das ist die Suche nach Sicherheit – und diese Sicherheit hast Du nur in einer echten Liebesbeziehung:

  • und „Liebe“ auch im freundschaftlichen Sinne,
  • im zwischenmenschlichen Sinne,
  • im partnerschaftlichen Sinn,
  • Liebe im Sinn von Eltern zu Kindern, usw.

Wo echte Liebe ist, HAST Du diese Sicherheit. Aber da zu wenig echte Liebe da ist, weil die meisten von uns schon in einem Defizit an Liebe aufgewachsen sind… spürt unser emotionales Körpersystem diesen Mangel, weil jeder Mensch mit seinem ganzen Sein und seinem Körpersystem die existenzielle Anfangserfahrung macht, was (echte) Liebe ist: weil jeder Mensch an einem Ort (in der Gebärmutter der eigenen Mama) aufwachsen durfte, der warm und schützend immer da war, der einen immer nährt mit dem Besten, was im Körper der Mutter verfügbar ist… wo man wachsen darf und gleichzeitig verbunden ist…

Und nach dieser Art von bedingungsloser Liebe sehnen wir uns auch in unserem Leben und unseren späteren Beziehungen, weil dies die einzige Beziehungsform ist, in der wir wirklich unsere Potenziale voll entfalten können und wir gesund und stabile Persönlichkeiten werden und unsere existenziellen Grundbedürfnisse, die auch in uns als erwachsene Menschen noch lebendig sind, stillen können. (zit. n. Prof. Dr. Gerald Hüther; Was Kinder brauchen)

Und da unser Körpersystem leider traumatischer Weise in den allermeisten Kinderbiografien erfahren muss, dass es nur bedingte Liebe gibt, suchen wir nach Sicherheit. Und dann suchen diese Menschen natürlich Sicherheit auf andere Weise herzustellen wie über Ehe, Schwüre, Gelübde, Versprechen, die aber doch wieder gebrochen werden…

Und deswegen ist zu sagen, „es gibt keine Sicherheit“ der größte Stich ins Herz, den man einem Menschen überhaupt sagen kann.

Vor allem ist es falsch. Denn echte Liebe IST Sicherheit.

Das heißt nicht, dass der Mensch/ Partner auf jeden Fall sein Leben lang da und mit uns in Beziehung bleiben wird, das heißt aber dass er Dich, wenn Du mal schwach bist, niemals fallen lassen würde. Dass er Dich niemals angreifen würde. Dass er dir niemals (bewusst oder vorhersehbar) schaden würde. Und dass ihr beide trotzdem autonom seid.

Liebe heißt menschliches Miteinander – und das heißt, darauf vertrauen zu können, dass immer (irgend) jemand da ist, der Dir hilft, wenn Du allein nicht weiter kommst. Dass niemand einfach fallen gelassen wird.

Und weil wir alle nach (wahrer) Liebe suchen, und sie in den meisten Fällen aber nicht bekommen, suchen wir wie gesagt ersatzweise Sicherheit dann in Eheversprechen, Schwüren, Gelübden, Eiden oder auch einer aus Angst und innerem Schmerz nötig werdenden Vielzahl an „möglichen Bindungspartnern“, falls einer mal wegbricht… oder mit welcher denkbaren Strategie auch immer… die alle jedoch nur kitten sollen, was nicht vorhanden ist

Und deswegen sage ich: Wir sollten nach echter Liebe suchen. Sie geben – und sie auch erhalten dürfen. Menschen haben, die echte Liebe kennen… die wissen, was echte Liebe ist. Und diese empathische Anteilnahme miteinander zu teilen.

Und Liebe ist die größte Sicherheit überhaupt! Nicht, weil sie immer Ja sagt, sondern weil man ehrlich weiß, woran man ist – und man gleichzeitig geliebt und in Kontakt ist. Und diese Sicherheit, (…dass man in der Not nicht fallen gelassen wird, dass man immer weiß, dass man jemanden haben oder finden kann, der einem weiter hilft, wenn man es allein nicht schafft…) kann eigentlich niemals gehen und verschwinden, solange die Menschen liebevolle Menschen bleiben. Und eigentlich sind wir doch alle im Grunde unseres Herzens liebevoll.

Das heißt, eigentlich hätten wir diese Sicherheit mit JEDEM Menschen dieser Menschheit.

Aber da die Menschheit bzw. Gesellschaft vielerorts lieblos geworden ist, suchen wir verzweifelt nach dieser Sicherheit und suchen sie überall… wo etwas „sichere Bindung“ oder „meins!“ oder „Verlässlichkeit“ vorgaukelt.

Und deshalb sage ich:

die Suche nach Sicherheit ist eigentlich die Suche nach Liebe. [echter Liebe]

Und es ist eine gerechtfertigte Suche, denn diese Liebe ist eigentlich für ALLE vorgesehen von der Schöpfung, vom Leben… wie auch immer Du es nennen magst.

Lasst uns wieder damit anfangen, liebevoller zu sein. Es lohnt sich, es macht frei, weil keiner mehr nach Bindung hungern müsste und weil der klare Verstand ohne Stress und Schmerz eingeschaltet bleiben kann und Kopf und Herz gemeinsam schon immer die besten Entscheidungen getroffen haben. Auf jeder Ebene.

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